Die Geschichte

Wie konnte ich nur glauben im Krankenhaus vor Tom's absichten sicher zu sein? Zwar raste mein Herz nach wie vor, doch äusserlich wurde ich immer ruhiger, ich hatte mich damit abgefunden dass das wohl mein Leben war. Bis plötzlich Chris aufstand und auf ihn zu ging. Doch was er ihm sagte, realisierte ich nicht, erst als Tom ihn mit den Worten 'Was spielst du dich hier so auf, verschwinde kleiner!' anfing und ihm einen rempler gab, sah ich langsam immer noch mit leeren Blick in deren Richtung.

Ich wurde gegen die Wand gestoßen und kam hart mit dem Kopf auf, sodass er anfing zu brummen, aber es war mir egal. Er durfte auf keinen Fall Gabby zu nahe kommen! Zuerst ging ich wieder energisch auf ihn zu und wollte ihn herausdrücken, aber im nächsten Moment lag ich auf dem Boden und er über mir. Schnell streckte ich die Hand aus, um den Klingelknopf zu betätigen und nachdem er nur einmal zugeschlagen hatte war auch schon Stan mit zwei anderen Ärzten im Zimmer und zogen ihn heraus. Erleichtert setzte ich mich auf und wischte mir mit dem Handrücken das Blut von der Nase. Dann ging ich langsam zu Gabby. "Hey... es ist alles gut.", sagte ich leise und strich ihr über die Stirn. Ihre leeren Augen machten mir Angst und ich nahm zögernd ihre Hand.

Es ging alles so schnell, ich wollte schrein dass er aufhört, doch das einzige was aus mir kam war ein leises aufstöhnen. Jeder einzelne Schlag den Chris von Tom abbekam, fühlte sich so an als würde er mir gerade zehn zufügen. Wieder fing ich an schneller zu Atmen, doch mein Blick blieb leer. Endlich kam mein Dad und zwei Ärzte ins Zimmer. Die drei brachten ihn aus dem Zimmer, doch er machte nicht mal vor ihnen halt, was ich jedoch zum Glück nicht mit bekam. Als Chris mir über die Stirn strich schloss ich für einen Moment meine Augen, als ich sie wieder öffnete, stiegen die Tränen darin. "...Es tut mir leid..." hauchte ich leise als er meine Hand nahm.

Ich nahm sie vorsichtig in den Arm und drückte sie an mich. "Nein, das muss es nicht...", sagte ich leise in ihr Ohr. "Ich werde niemals zulassen, dass er dir wieder zu nahe kommt. Ich pass auf dich auf..", versprach ich und schloss die Augen. Dieses Versprechen würde ich nicht brechen, niemals, eher würde ich sterben!

Wärend er mich im Arm hielt, liefen mir plötzlich die Tränen über meine Wange. Ohne darüber nach zu denken, vergrub ich mein Gesicht bei seinem Hals und schloss meine Augen. Erst jetzt als ich ihm so nahe war, spürte ich wie sehr ich ihn wirklich vermisst hatte. Neben meinem Dad war er, auch schon damals der einzige, der mich innerhalb von Sekunden beruhigen konnte, wenn ich vor etwas Angst bekam. Die Ärzte hatten zuvor zwar bemerkt, das meine Puls raste, kein wunder, jedoch mussten sie erst den Grund dafür 'beseitigen'. Mein Dad sowie die beiden Ärzte kamen zurück ins Zimmer, wurden jedoch nach einem kurzen Blick auf den Monitor gleich wieder von meinem Dad nach draussen geschoben. Er zwinkerte Chris nur kurz mit einem leichten lächeln zu. Ich bekam jedoch davon nichts mit.

"Hey, shh.... Ist ja gut....", sagte ich leise und es kam mir vor wie ein Deja vú, denn genauso hatte ich sie früher immer getröstet. Ich hörte das ruhige, gleichmäßige Piepen des Monitors und war erleichtert. Ganz fest hielt ich sie im Arm, und würde sie erst wieder loslassen, wenn sie es will.
Als Stan reinkam warf ich ihm ein schwaches Lächeln zu. So wies aussieht, hatten sie das Schwein rausgeschmissen... Ich würde auf jeden Fall mit ihr noch einmal darüber reden, vielleicht bring ich sie sogar dazu, ihn anzuzeigen, aber jetzt im Moment nicht. Erst wenn sie ein wenig stabiler ist. Sanft fuhr ich ihr übers Haar.

Nach einiger Zeit öffnete ich langsam wieder meine Augen, erst da wurde mir bewusst was gerade passiert war. Ich hob einwenig meinen Kopf und seufzte leise auf, ehe ich ihn einen Moment ansah. "..E..er hat mich an seine Freunde verkauft.." gab ich plötzlich leise von mir und senkte meinen Blick wieder. Ich kam mir so furchtbar schmutzig vor, weshalb ich mich auch ein Stück von ihm weg drückte. Denn ich war mir sicher das er nun nichts mehr mit mir zu tun haben wollte.

Ich sah sie mit weit aufgerissenen Augen an. Was!!? Dieses miese Schwein... ich werde ihn umbringen! Er wird leiden! Mir stiegen die Tränen in die Augen. ich war einfach weggegangen. Wenn ich geblieben wäre, dann hätte ich sie beschützen können. Dann hätte sie nicht so etwas schreckliches durchmachen müssen... Es ist alles meine Schuld! Ich bin so ein Ar.sch... Vorsichtig drückte ich sie wieder an mich und gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Nie wieder würde ich sie allein lassen, nie nie nie!!!

Mein Blick blieb starr nach unten gerichtet. Ich war mir beinahe sicher dass er nun aufstehen und gehen würde, denn mein selbstwert Gefühl war längst im Keller. Zumal konnte ich mir garnicht vorstellen, wie man soetwas wie mich noch bzw. überhaupt lieben konnte. Doch als er mich plötzlich wieder an sich zog und mir einen Kuss auf die Stirn gab, ronn mir als ich meine Augen schloss, eine Träne über die Wange. Warum tat er das? Warum verachtete er mich nicht dafür? Warum wusste er dass ich ihn nun mehr denn je brauchte? Von einen auf den anderen Moment fing ich an wie wahnsinnig zu Zittern, der Entzug machte sich bemerkbar.

Ich zuckte unwillkürlich zusammen, als sie auf einmal anfing heftig zu zittern. Panik breitete sich in mir aus und ich sah hilfesuchend zu Stan, der auch schon neben ihr stand und sie in die Kissen drückte. "Das ist nur der Entzug...", erklärte er nüchtern und deckte sie bis zum Hals zu. Ich hielt ihre bebende Hand ganz fest.

Immer wieder versuchte ich mich hoch zu drücken, bekam schweiß ausbrüche und wurde sogar aggresiv. Doch mein Dad drückte mich immer wieder nach unten. Von einen auf den anderen Moment wurde mir eiskalt, dann wieder so heiß als würde ich innerlich verbrennen. Von alle dem bekam ich allerdings nichts Real mit. Schließlich schlief ich irgendwann doch erschöpft ein, doch im Schlaf fing ich immer wieder heftig zu krampfen an und schrie immer wieder auf. Mein Dad sah Chris die Panik in seinen Augen an. "In etwa zwei Wochen hat sie das schlimmste überstanden, doch es kann immer noch zu rückfällen kommen..." meinte er. Er wusste von was er sprach, nicht nur einmal hatte er den kalten Entzug eines Menschen den er liebte miterlebt. Auch meine Großmutter war Drogenabhängig, doch sie wurde immer wieder rückfällig...

Ich schluckte hart. Zwei Wochen... ganze zwei Wochen... Vorsichtig strich ich ihr mit einem kalten Waschlappen, den ich geholt hatte, den Schweiß aus der Stirn. Ich würde mein Studium verschieben. Oh Gott, wie konnte ich jetzt überhaupt daran denken?! Es gab wichtigere Sachen... wichtigere Menschen, um die man sich kümmern musste... Die Tage würden hart werden, richtig hart, doch ich musste es schaffen. Damals war ich gegangen, damit sie mich nicht so sah, doch jetzt musste ich zusehen, wie sie litt. Immer und immer wieder krampfte sich ihr ausgelaugter Körper zusammen und ein Schreien beziehungsweise stöhnen kam hervor. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie schließlich einiger maßen ruhig schlief und als Stan gegangen war, schlief auch ich mit dem Kopf neben ihr ein.

Gerade mal ein paar Stunden waren mir vergönnt, ohne gröbere zwischenfälle ruhig zu schlafen. Mein Dad war grob geschätzt, vielleicht eine Stunde weg, als ich erneut zu krampfen anfing und in meiner Panik wie wild um mich schlug. Dabei riss ich mir etliche Schläuche, die noch an mir hingen ab und herunter, was promt Alarm auslöste. Da im Krankenhaus nicht soviele Patienten lagen und diese, abgesehen von kleineren Plesuren, gesund waren, hatte heute nur eine zierliche junge Schwester Nachdienst. Diese brachte jedoch nicht die Kraft auf mich wie mein Dad zuvor, nach unten aufs Bett zu drücken.

Ich schreckte panisch hoch und blickte starr zu der kleinen Krankenschwester. Schnell schob ich sie beiseite und nahm ihren Platz ein. Meine Hände packten ihre Schultern und ich drückte sie mit Leibeskräften nach unten. Sie erkannte mich nicht und jedes Mal, wenn sie sich wehrte, fühlte es sich an, als würde sie mich ohrfeigen. Immer und immer wieder schnippte sie nach oben, ihre Finger krallten sich in meine Haut, doch ich ließ nicht locker.

Panisch krallte ich mich einerseits in seinen Armen fest, wärend ich gleichzeitig versuchte ihn von mir weg zu drängen. Die Schwester rief wärendessen meinen Vater an, der sie darum gebeten hatte, dies zu tun um dann weiter zu entscheiden, ob ich wieder Medikamente bekommen sollte oder nicht. In der zwischen Zeit ging mir erneut die Kraft aus mich gegen Chris auf zu lehnen. Unterbewusst kamen wieder die Szenen mit Tom und seinen Freunden hoch und ich begann wieder zu Haluzinieren. "Bitte nicht, bitte tu mir nicht weh..." fing ich schließlich leise an zu wimmern.

Ich wollte schreien, einfach nur schreien, als ihre ängstlichen, silbrigen Augen mich anstarrten. Sie hielt mich tatsächlich für... Ich schluckte. "Hey, ich bins!", versuchte ich ihr verzweifelt klar zu machen. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich war kein ekliges Schwein, was dich vergewaltigen will, verdammt! Ich liebe dich doch... Vorsichtig nahm ich ihr Gesicht in meine Hände. Ihr Blick war leer, sie war nicht bei Bewusstsein. Stumm küsste ich sie kurz.

Was bzw. das er überhaupt etwas sagte, zog an mir unwahrgenommen vorbei. Für mich stand fest, nun gleich wieder schmerzen zugefügt zu bekommen, weshalb ich vorab meine Augen schloss. Da ich die Schmerzen nur zu gut kannte, spürte ich sie in meiner Halluzination bereits, als würde man sie mir gerade antun, was mich zugleich schneller Atmen und meinen Körper anspannen lies. Von einen auf den anderen Moment hielt ich plötzlich die Luft an. Ich spürte wie sich zarte Lippen, sanft auf die meinigen legten. Einen kurzen Augenblick entspannte sich mein Körper und ich öffnete kurz real meine Augen. Doch bevor ich noch ein Wort sagen konnte, fing ich erneut zu krampfen an.

Verdammt! Sofort drückte ich sie wieder hinunter auf die Kissen. Ich hatte Angst, ihrem zierlichen, ausgelaugten Körper wehzutun, aber ich musste sie festhalten. "Hey!", rief ich verzweifelt. "Es ist alles gut!" Sie hörte mich nicht. Es war so, als ob eine dicke Mauer zwischen uns war. Ich war ihr so nah und doch so fern. Kurz verharrte ich außer Atem, als sie sich kurz entspannte und keuchte, bevor sie wieder verkrampfte. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn. Wie lange würde es dauern? Wie lange müsste sie diese Höllenqualen ertragen?!

Es war schlimmer als zuvor. Nicht nur das mein Körper äusserlich krampfte, auch meine Lunge fing an sich zu verkrampfen. Was wiederum dazu führte, das ich erneut anfing nach luft zu japsen. Die Krankenschwester war zum Telefonieren hinaus gegangen und nicht gleich wieder zurück gekommen. Man könnte sagen gerade noch, in letzter Sekunde, stürmte mein Dad mit einer Krampflösenden Spritze ins Zimmer. Bin in weiteren Sekunden löste er sich und ich schnappte regelrecht nach Luft, wärend ich erschöpft in die Kissen sank. Was genau gerade passiert war, hätte ich nicht sagen können. Keuchend wie nach einem Marathon sah ich die beiden an.

Schnell wischte ich mir übers Gesicht, um den Schweiß und die Tränen, die gerade widerwillen ausgebrochen waren, loszuwerden. Ich sah Stan dankbar an. Vorsichtig machte ich den Waschlappen wieder nass und legte den kalten Stoff auf ihre glühende Stirn. Dann setzte ich mich erschöpft neben sie. Ich konnte gar nicht daran denken, dass sie wenn Stan nur wenige Minuten später gekommen wäre... ich hatte sie schon einmal verloren, ich wusste wie es sich anfühlte. Und die wahrscheinlichkeit, dass sie zwei mal wieder erwacht... ist gleich null. "Wie... wie geht es dir?...", fragte ich sie vorsichtig. Ich hatte sie geküsst. Erst jetzt wurde ich mir dem bewusst. Hoffentlich hatte sie das nicht mitbekommen.... ich war mir sicher, dass sie mich dann hassen würde...

Mein Brustkorb hob sich nun wieder langsam und gleichmäßiger. Schweigend hielt ich erstmal meinen Blick an Chris. Hatte ich das gerade eben geträumt? Aber es fühlte sich so real an... Mein Blick fiel kurz auf die weiße Decke vor mir, nur zu gern hätte ich mir den kurzen Augenblick zurück gewunschen, obwohl ich nicht mal wusste ob er wirklich Existierte. Als er mir den Lappen an die Stirn hielt, sah ich ihn erneut an. Mein Dad prüfte wärendessen die Medikamente und stellte fest das mir eines verabreicht wurde, was mich schon damals beinahe umgebracht hätte. Es war eigentlich ein Fiebersenkendes mittel, doch ich war gegen einen Wirkstoff darin allergisch, was die Ärzte in der Aufregung übersahn. Auf seine frage versuchte ich zwar zu Antworten, doch ich brachte keinen Ton nur ein trockenes schlucken hervor. Ich nickte schließlich nur leicht.

Ein leichtes Lächeln überzog mein Gesicht. Hoffentlich log sie mich nicht an. Aber ich wusste, dass es lange dauern würde, bis es ihr wirklich besser ging. Langsam stand ich auf. "Ich geh jetzt besser, damit du dich ausruhen kannst.", sagte ich leise und erwischte mich dabei, wie ich wieder mit dem Gedanken spielte, sie zu küssen. Nein! Böse!, schimpfte ich mit mir wie mit einem Kleinkind. Ich nahm ihre Hand in meine und drückte sie.

Kurzfristig ertappte ich mich selbst, wie ich meinen Blick von seinen Lippen pflückte, um ihn danach wieder in seinen Augen zu verlieren. Als er sich langsam erhob und meinte, es wäre besser wenn er gehen würde, fing in mir wieder das kleine Mädchen von damals, zu rebellieren an. Einerseits wollte ich nicht das er mich so sieht und andererseits hatte er dies sowieso schon und ich wollte ihn nicht wieder gehen lassen. Als er meine Hand plötzlich nahm und sie einwenig drückte, kam es mir so vor als würden tausende kleine Stromschläge durch meinen Körper zucken. "..Machs gut.." brachte ich leise flüsternd heraus und hob meinen Blick abermals in seine Augen.

Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. "Hey, ich komm doch wieder. Du ruhst dich jetzt aus und wenn du wieder aufwachst, werde ich wieder da sein, okay? Versprochen.", sagte ich sanft und fühlte mich wie damals, als sie krank im Bett lag und mein Onkel mich aber zur Arbeit auf der Plantage gezwungen hatte. Genau das hatte ich auch gesasgt und es hatte immer geklappt. Ich lächelte noch einmal kurz, bevor ich ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn gab und aus der Tür verschwand. Ich fuhr mit der U-Bahn nach hause, wobei ich ihre Freunde sah. Doch wies aussah, vermissten sie sie nicht allzu doll. Sie koksten und ich schwor mir, dass ich nie zulassen würde, dass sie wieder Zeit mit ihnen verbringt. Zu hause angekommen duschte ich und sprach beruhigend auf die völlig erboste Studiumsverwalterin ein, bevor ich mich auch ein wenig hinlegte und dann auch schon wieder neben Gabby saß, die immer noch schlief. Perfekt. Ich hatte mein Versprechen gehalten.

Seine Worte waren mir so vertraut und dennoch hatte ich Angst. Angst davor, dass er wieder weg ist wenn ich auf wache, oder dass ich aufwache und er nie da war, dass das alles nur wieder einer meiner Wunschträume war... Ich hatte einfach nur Angst, bis er mir erneut einen Kuss auf die Stirn hauchte. Wieder war dieser viel zu real um nur zu Träumen, ich schloss eine Sekunde meine Augen, bevor ich sie wieder öffnete und ihm nach sah. Noch lange zeit starrte ich gegen die Tür, wie ein kleines Kind das sehnsüchtig auf seinen Vater wartet. Doch Chris kam nicht. Irgendwann gab ich schließlich doch nach und schlief erschöpft ein.